Vitamin D ist auch bekannt als das „Sonnenschein-Vitamin“, denn es entsteht in unserer Haut, wenn wir uns Sonnenlicht aussetzen. Bekommen wir jedoch zu wenig Sonne (weil wir nicht rausgehen) oder ist zu wenig Sonne vorhanden (weil die Sonneneinstrahlung jahreszeitenbedingt in Deutschland nicht ausreicht), kann ein Mangel die Folge sein.
Was sind normale Werte für Vitamin D?
Wird Vitamin D (genauer: 25-Hydroxy-Vitamin‑D oder 25-OHD) im Blut gemessen, liegt der Normbereich (also das, was die meisten klinisch bisher unauffälligen Menschen haben) zwischen 75 und 110 nmol/l bzw. 30 und 44 ng/ml, der am besten erreicht werden kann, wenn zwischen 1.800 und 4.000 IE täglich supplementiert werden (Bischoff-Ferrari et al., 2010). Allerdings unterschreiten knapp 90 % der Bevölkerung den Wert von 75 nmol/l bzw. 30 ng/ml (Hilger et al., 2014).
Welcher Wert für Vitamin D ist optimal?
Der beste Ansatz, um festzustellen, was nicht der normale, sondern der physiologisch optimale Wert ist, liegt in der Betrachtung unseres biologischen Ursprungs. Wir sind dazu gemacht, uns leichtbekleidet im Sonnenlicht äquatornaher Gegenden zu bewegen. Mit anderen Worten: Aus evolutionärer Sicht sind wir deutlich höhere Vitamin-D-Mengen gewohnt, als wir in unserer heutigen Gesellschaft aufnehmen (Vieth, 1999).
Vor diesem Hintergrund ist anzunehmen, dass der optimale Vitamin-D-Spiegel (gemessen wird das 25-Hydroxy-Vitamin‑D), auf den es abzuzielen gilt, bei 115 nmol/ l bzw. 46 ng/ml liegt, da dieser Wert unter evolutionär natürlichen Bedingungen erreicht wird (Luxwolda et al., 2012).
Vitamin-D-Mangel als Risikofaktor
Genau dieser Bereich geht mit einem geringeren Risiko für Brust- und Darmkrebs, kardiovaskuläre Erkrankungen, Diabetes sowie hormonelle Störungen der Nebenschilddrüse einher (Grant, 2015). Ebenso liegen Hinweise vor, dass ausreichend Vitamin D mit reduzierter Sterblichkeit, insbesondere durch Krebs, zusammenhängt (Bjelakovic et al., 2014). Auch die Knochengesundheit kann verbessert werden (Priemel et al., 2010). Der letztgenannte Punkt hängt mit der Eigenschaft von Vitamin D zusammen, die Calciumaufnahme zu verbessern.
Für stillende Mütter ist es ebenfalls wichtig, einen optimalen Vitamin-D-Status zu haben, damit die Muttermilch genügend davon enthält, um das Baby optimal zu versorgen (Chausmer, 2015).
Betrachtet man Vitamin D isoliert, so liegt das Sterblichkeitsrisiko durch einen Mangel bei 13 %, was noch vor mangelnder sportlicher Aktivität (11 %) und Alkoholkonsum (9 %) liegt (Chowdhury et al., 2014).
Das soll nicht heißen, dass Vitamin D ein Wundermittel ist, denn man muss immer den gesamten Lifestyle (gesunde Ernährung, Substanzabstinenz, körperliche Aktivität, Schlaf, Stressmanagement) berücksichtigen. Es wäre reduktionistisch zu glauben, dass man nur ausreichend Vitamin D aufnehmen müsse und sei dann gegen alle möglichen Erkrankungen immun. Ein Vitamin-D-Mangel ist für viele Erkrankungen nicht zwangsläufig die Ursache, ein Zusammenhang beider Seiten ist jedoch wahrscheinlich (Theodoratou et al., 2014) und kann mit einer Vielzahl von Beschwerden physischer wie psychischer Art in Zusammenhang stehen (Wacker & Holick, 2013). Es handelt sich um einen Risikofaktor – einen, den man meiden kann. Allerdings stellt zu viel Vitamin D bzw. zu viel Sonnenlicht ebenfalls einen Risikofaktor dar. Wir wollen uns gerade im Optimum befinden.
Vitamin-D-Spiegel kontrollieren und bedarfsgerecht supplementieren
Es lohnt sich auf jeden Fall, den Vitamin-D-Status einmal vom Hausarzt bestimmen zu lassen und zu supplementieren, wenn der Wert unterhalb des Optimums liegt. Die Dosierung sollte vom Arzt so angepasst werden, dass das Optimum über das ganze Jahr hinweg gehalten werden kann. Es bietet sich in unseren Breitengraden etwa an, beispielsweise mit 2.000 IE pro Tag zu supplementieren, wobei die Dosis stets individuell anzupassen ist. Ist der Wert für 25-OHD im Blut bei einer Messung im optimalen Bereich, ist die Dosis richtig, es reichen Nachkontrollen einmal im Jahr oder alle zwei Jahre. Wird das Optimum nicht erreicht, müsste die Dosis vom Hausarzt angepasst und zeitnäher nachkontrolliert werden.
Und welches Vitamin D nehmen wir am besten? Aus wissenschaftlicher Sicht ist nicht das in Pflanzen vorkommende D2, sondern D3 die bessere Wahl, das allerdings tierischen Ursprungs ist (denn neben dem Mensch produzieren auch andere Tiere Vitamin D durch Sonneneinstrahlung). Es gibt aber rein pflanzliche D3-Präparate, dort wird das Vitamin D aus Flechten gewonnen.
Nutzen für den einzelnen oder Profit für die Hersteller?
Generell kann man im Bereich der Supplemente immer vermuten, dass deren Einnahme nicht in erster Linie der Gesundheit, sondern vielmehr dem Profit der Hersteller dient. Bei Vitamin D jedenfalls scheint dies nicht der Fall zu sein, denn die Hersteller von Supplementen erwirtschaften lediglich 8 % ihres Umsatzes über den Vertrieb von Vitamin D, das hinter Vitamin B (30 %) sowie Vitamin C (50 %) zurückfällt (Statista, 2010). Im Gegensatz zu Vitamin D sind die anderen genannten Vitamin-Supplemente nicht vorrangig zu empfehlen, denn wann immer möglich sollen Nährstoffe aus der Ernährung bezogen werden. Bei Vitamin D ist dies nur eingeschränkt möglich, es ist eigentlich ein Hormon, das in unserer Haut gebildet wird, wenn wir uns in den Sommermonaten ausreichender Sonneneinstrahlung aussetzen (Goring & Koshuchowa, 2015). Aus der Ernährung zugeführtes Vitamin D nimmt für die Versorgung eine untergeordnete Rolle ein.
Durch eine Verbesserung des Vitamin-D-Spiegels auf nur 40 ng/ml wäre es möglich, in Westeuropa Krankheitskosten in Höhe von schätzungsweise 187 Mio. Euro einzusparen (Grant et al., 2009). Würde man das Optimum von 46 ng/ml erreichen, könnte diese Ersparnis noch ausgebaut werden.