Deutschland ist Jod-Mangelgebiet. Daher wird ein Großteil der Versorgung mit Hilfe von jodiertem Salz sichergestellt. Trotzdem bleibt Jod, besonders für die vegane Ernährung, ein kritischer Nährstoff. Was kann man tun? Dieselbe Frage stellt sich für Selen, das bei einer rein pflanzlichen Ernährung auch zu kurz kommen kann. Beide Nährstoffe können aus Sicht des Positionspapiers der DGE zur veganen Ernährung knapp sein.
Jod ist ein essenzielles Spurenelement, das vom menschlichen Körper zur Herstellung von Schilddrüsenhormonen benötigt wird. Eine unzureichende Jodversorgung kann sich über die Schilddrüse hinaus auf Muskulatur, Herz, Leber, Nieren sowie das sich entwickelnde Gehirn auswirken (Kapil, 2007). In Deutschland erreichen, wenn man die Verwendung von jodiertem Salz ausklammert, 96 % der Männer bzw. 97 % der Frauen nicht die empfohlene Tageszufuhr (MRI, 2008). Es handelt sich also – ähnlich wie in Bezug auf Vitamin B12 – hierbei nicht um ein Problem, das nur bei Veganern auftritt.
Da Tierfutter mit Jod angereichert wird (Rambeck et al., 1997), nimmt der Mensch beim Verzehr tierischer Lebensmittel jenes Spurenelement über den Umweg des Tieres auf. Ebenso wird Jod als Desinfektionsmittel für die Zitzen der Kuh eingesetzt, was dazu führt, dass Jod in die Milch übergeht (van der Reijden et al., 2017).
Vegane Ernährung und Jod
Es existieren mit bestimmten Algen gute Möglichkeiten, die Jodzufuhr auf pflanzlicher Basis zu decken. Allerdings ist zu beachten, dass manche Algensorten zu viel Jod enthalten können (BfR, 2004). Auch ist davon auszugehen, dass die Jodgehalte stark schwanken, so dass die Dosierung schwierig ist – man bekommt entweder zu viel oder zu wenig (meist aber eher zu viel). Insbesondere stellt jodiertes Salz eine gute und praktikable Möglichkeit dar, den Bedarf zu decken. Sollten trotzdem Engpässe bestehen oder der Einsatz von jodiertem Salz nicht gewünscht sein, besteht die Möglichkeit der Supplementierung. Es gibt zahlreiche Präparate, unter denen man wählen kann – sinnvoll ist z. B. ein algenbasiertes Supplement. D. h. hier werden Algen vermahlen und in Kapseln abgefüllt, wobei im Idealfall genau die Dosis enthalten ist, die auf der Packung steht. Aber dies ist leider nicht immer mit Sicherheit gegeben, da die Jodgehalte auch hier stark schwanken können (Leung et al., 2009).
Auch in den Algen selbst können die Gehalte sehr stark schwanken, mit tendenziell den höchsten Werten in z. B. Kelp oder Hijiki bzw. tendenziell eher geringeren Werten in z. B. Nori oder Dulse (Teas et al., 2004). Sorten mit geringeren Werten sind eher vorzuziehen, da die stark jodhaltigen zu viel enthalten und man hier leicht in eine Überversorgung rutschen kann.
Interessant ist übrigens, dass Pflanzenmilch, die mit Calcium angereichert ist, ebenfalls Jod enthalten kann. Denn oft wird die Anreicherung mit Calcium unter Zugabe der Alge Lithothamnium calcareum bewerkstelligt – die eben auch Jod enthält. Leider versäumen es die Hersteller in der Regel, dann auf den Jodgehalt hinzuweisen.
Was tun?
Die beste Wahl scheint das jodierte Salz zu sein sowie ggf. auf jodhaltige Algen zurückzugreifen. Da Jod in der Schilddrüse gespeichert wird, können Algen mit höheren Jodgehalten gelegentlich verzehrt werden (Combet, 2017) – allerdings sollte hier, genau wie im Fall der Einnahme eines Supplements bzw. dem Verzehr angereicherter Lebensmittel immer die Gesamtversorgung mit Jod im Blick behalten werden.
Das Tolerable Upper Intake Level (= die tolerierbare Obergrenze der täglichen Aufnahme) liegt im Fall von Jod bei 200 µg (1 – 3jährige), 250 µg (4 – 6jährige), 300 µg (7 – 10jährige), 450 µg (11 – 14jährige), 500 µg (14 – 17jährige) bzw. bei 600 µg bei Erwachsenen, inkl. Schwangeren und Stillenden (EFSA, 2006).
Schwangerschaft und Stillzeit
Gerade in der Schwangerschaft und auch Stillzeit ist eine ausreichende Jodversorgung wichtig, da der Bedarf der Mutter in jener Zeit erhöht ist, das ungeborene bzw. zu stillende Kind ist von der Jodversorgung der Mutter abhängig (BfR, 2021). Insbesondere für die Schwangerschaft wird eine Supplementierung von Jod (100−150 µg pro Tag) empfohlen (DGE, 2018). Es kann sinnvoll sein, die Supplementierung möglicherweise schon einige Monate vor der Schwangerschaft zu beginnen.
Bestimmte Gemüsesorten und Jodaufnahme
Manchen pflanzlichen Lebensmitteln, z. B. Kohlsorten oder Soja, wird eine sog. strumigene (d. h. Schilddrüse vergrößernde) Wirkung zugeschrieben, da sie mutmaßlich die Jodaufnahme hemmen. Dies ist jedoch nur bei unzureichender Jodversorgung der Fall und spielt bei einer bedarfsdeckenden Jodzufuhr keine Rolle (IOM, 2001).
Vegane Ernährung und Selen
Im Positionspapier der DGE zur veganen Ernährung wird mit Recht darauf hingwiesen, dass der Selengehalt in (pflanzlichen) Lebensmitteln stark vom Selengehalt der Böden abhängt, wobei folgende Lebensmittel zur Deckung des Selenbedarfs empfohlen werden: Kohlsorten (z. B. Brokkoli, Weißkohl), Zwiebelgemüse (z. B. Knoblauch, Zwiebeln), Pilze, Spargel, Hülsenfrüchte sowie Paranüsse.
Selen hat gewisse antioxidative Eigenschaften. Darüber hinaus kann es, in Verbindung mit einer ausreichenden Jodzufuhr, präventiv in Bezug auf Schilddrüsenerkrankungen wirken (Ventura et al., 2017). Gleichzeitig stellt ein Selenmangel einen Risikofaktor für Autoimmunerkrankungen der Schilddrüse dar (Valea & Georgescu, 2018). Selen wirkt sich auch positiv auf die männliche und weibliche Fruchtbarkeit aus (Mojadadi et al., 2021).
Tierische Lebensmittel gelten als sichere Selenquelle, allerdings ist dies auf eine entsprechende Anreicherung des Tierfutters zurückzuführen (DGE, 2021). Besser wäre eine Anreicherung der Böden über (gesundheitlich unbedenkliche) Düngemittel, damit alle etwas davon haben, so wie es beispielsweise in Finnland seit Jahrzehnten praktiziert wird (Aro et al., 1995).
Paranüsse
Bei handelsüblichen Paranüssen wird eigentlich nie der Selengehalt angegeben. Dabei wäre dies gerade hier besonders sinnvoll: Paranüsse sind sehr selenhaltig und bereits zwei (!) Stück können den Tagesbedarf decken (DGE, 2021). Ohne einen entsprechenden Hinweis seitens der Hersteller besteht jedoch grundsätzlich die Gefahr, dass man weit mehr als zwei Stück isst und somit eine Selenvergiftung riskiert.
Fairerweise muss man allerdings sagen, dass der Selengehalt in Paranüssen stark schwanken kann. So wurden in einer Untersuchung Werte von etwa 2 bis 10 µg pro Gramm gemessen, wobei eine Paranuss rund um 4 g wog (Thomson et al., 2008). Die Deutsche Gesellschaft für Ernährung weist ebenfalls darauf hin, dass Paranüsse im Vergleich zu anderen Lebensmitteln besonders radioaktiv belastet sind, was ein weiteres Argument für eine Einschränkung der täglichen Verzehrsmenge auf die genannten zwei Stück darstellt (DGE, 2021).
In Summe kann auch hier über eine Supplementierung nachgedacht werden, wenn der Selenstatus suboptimal ist und über Lebensmittel nicht genügend zugeführt werden kann. Auch hier ist, analog zur Jod-Supplementierung, darauf zu achten, dass nicht zu viel Selen zugeführt wird. Das Tolerable Upper Intake Level (= die tolerierbare Obergrenze der täglichen Aufnahme) liegt hier bei 60 µg (1 – 3jährige), 90 µg (4 – 6jährige), 130 µg (7 – 10jährige), 200 µg (11 – 14jährige), 250 µg (15 – 17jährige) sowie bei 300 µg für Erwachsene (EFSA, 2006).
Schwangere und Stillende
Für Schwangere konstatiert die Deutsche Gesellschaft für Ernährung einen geringfügig höheren Bedarf, der allerdings nicht dazu führt, dass eine andere Zufuhrempfehlung ausgesprochen wird – für Stillende allerdings wird eine etwas höhere Tageszufuhr empfohlen, da die Abgabe in die Muttermilch kompensiert werden muss (DGE, 2021). Daher gilt, dass der Säugling gut mit Selen versorgt ist, wenn die Mutter gut versorgt ist. Jenseits der Stillzeit ist auf eine ausreichende Selenversorgung über Lebensmittel oder ggf. ein altersangepasstes Supplement zu achten.