Akne: Die vergessene Epidemie

Akne

Die häu­figs­te Haut­krank­heit ist die Akne. Es kom­men meh­re­re mög­li­che Ursa­chen in Betracht, doch schei­nen ernäh­rungs­be­ding­te Fak­to­ren eben­falls eine Rol­le zu spie­len. Wir schau­en uns in die­sem Arti­kel an, wie Ernäh­rung einen Ein­fluss auf den Ver­lauf von Akne neh­men kann, und ob Ernäh­rung in der The­ra­pie behilf­lich sein kann.

Eine ver­ges­se­ne Epi­de­mie ist die Akne, da kaum eine öffent­li­che Dis­kus­si­on statt­fin­det. Dabei kommt sie im Jugend­al­ter mit einer Prä­va­lenz von nahe­zu 100 % vor und ist damit die häu­figs­te Haut­er­kran­kung in jenem Per­so­nen­kreis, wobei in bis zu 40 % ein chro­ni­scher Ver­lauf vor­lie­gen kann (Goll­nick & Zou­bou­lis, 2014). Bemer­kens­wert ist aller­dings, dass Akne außer­halb der west­li­chen Indus­trie­län­der weni­ger prä­va­lent ist, ja z. T. auch gar nicht vor­zu­kom­men scheint, so dass Umwelt­fak­to­ren als mög­li­che Ursa­che ins Zen­trum der Betrach­tung rücken (Corda­in et al., 2002). Dar­über hin­aus stellt Akne einen Riski­ko­fak­tor für Über­ge­wicht und Insu­lin­re­sis­tenz (einer Vor­stu­fe zu Dia­be­tes mel­li­tus Typ 2) dar (Mel­nik et al., 2013a).

Hier­zu­lan­de wird Akne als nor­ma­le alters­ent­spre­chen­de Erschei­nung hin­ge­nom­men und erdul­det, bei schwie­ri­ge­ren Ver­läu­fen erfolgt eine haut­ärzt­li­che Behand­lung. Wenn aber Umwelt­fak­to­ren eine Rol­le spie­len, könn­te auch Ernäh­rung eine Rol­le spie­len. Die­ser Ansatz ist eher unüb­lich, aller­dings gibt es Anhal­te, die dafür sprechen.

Milch und Milchprodukte sowie Fleisch bei Akne

Der Ver­zehr von Milch und Milch­pro­duk­ten geht mit dem Auf­tre­ten von Akne-Sym­pto­men ein­her. Dies ist auf das dar­in ent­hal­te­ne IGF‑1 (Insu­lin-like Growth Fac­tor 1, ein Wachs­tums­hor­mon) zurück­zu­füh­ren (Vas­con­ce­los et al., 2021) sowie auf das natür­li­cher­wei­se in Milch vor­kom­men­de Casein (Bald­win & Tan, 2021). Der Fett­ge­halt der Milch zeigt – unab­hän­gig von Kör­per­ge­wicht und Kalo­rien­zu­fuhr – kei­ne wesent­li­chen Unter­schie­de, so dass ein hor­mo­nel­ler Ein­fluss der Milch nahe­liegt (Adeba­mo­wo et al., 2008). Jener Ein­fluss der Milch bleibt auch dann bestehen, wenn die Ein­nah­me der „Pil­le“ mit ein­kal­ku­liert bzw. ein Alter von höch­tens 11 Jah­ren berück­sich­tigt wird (Adeba­mo­wo et al., 2006). Auch meta-ana­ly­tisch lässt sich ein dosis­ab­hän­gi­ger Zusam­men­hang bestä­ti­gen (Dai et al., 2018).

Da der IGF-1-Spie­gel durch den Ver­zehr tie­ri­schen Pro­te­ins steigt (Allen et al., 2002), leuch­tet jener Zusam­men­hang auch ein. Durch die Kor­re­la­ti­on von IGF‑1 mit ande­ren Erkran­kun­gen wie Brust­krebs (Mur­phy et al., 2020) und Pro­sta­ta­krebs (Roberts, 2004), erscheint es als sinn­vol­ler Prä­ven­ti­ons­schritt, tie­ri­sches Pro­te­in nur spar­sam in der täg­li­chen Ernäh­rung ein­zu­set­zen und sich statt des­sen mehr für das gesund­heit­lich vor­teil­haf­te­re pflanz­li­che Pro­te­in zu ent­schei­den, das IGF‑1 zu sen­ken ver­mag (Allen et al., 2002). Der Ver­zehr von Milch und auch Fleisch kann im mensch­li­chen Kör­per Ent­zün­dungs­pfa­de akti­vie­ren, die ihrer­seits begüns­ti­gend auf Akne wir­ken kön­nen (Cla­ti­ci et al., 2020; Mel­nik, 2012).

Hier ist mTORC1 invol­viert, ein kör­per­ei­ge­ner Pro­te­in­kom­plex, des­sen Akti­vi­tät neben Akne auch ande­re Erkran­kun­gen wie Über­ge­wicht, Dia­be­tes mel­li­tus Typ 2, Krebs und neu­ro­de­ge­nera­ti­ve Erkran­kun­gen begüns­ti­gen kann (Corda­in et al., 2002). Milch stellt einen endo­kri­nen Ver­stär­ker von mTORC1 dar – im Gegen­satz zu Mut­ter­milch ent­hält (Kuh-) Milch übri­gens die drei­fa­che Men­ge an Pro­te­in, wodurch die mTOR­C1-Akti­vi­tät wohl zu stark sti­mu­liert wird (Mel­nik et al., 2013b).

Einfluss des Glykämischen Index auf Akne

Der Glyk­ämische Index (GI) drückt aus, wie schnell Nah­rungs-Glu­ko­se im Blut ver­füg­bar ist. Je höher der GI, umso schnel­ler ist dies der Fall und umso schnel­ler steigt – und fällt – der Insu­lin­spie­gel, was Heiß­hun­ger begüns­tigt. Lebens­mit­tel mit hohem GI sind ein­fa­che Koh­len­hy­dra­te wie Zucker oder Weiß­mehl. Typi­scher­wei­se sinkt der GI mit der Kom­ple­xi­tät der Koh­len­hy­dra­te, so haben z. B. Voll­korn­pro­duk­te oder Hül­sen­früch­te auf­grund der ent­hal­te­nen Bal­last­stof­fe einen nied­ri­ge­ren GI. Wie intakt etwa ein Voll­korn­pro­dukt ist, ent­schei­det auch über die höhe des GI: Bei­spiels­wei­se sind – bezo­gen auf den GI – Hafer­flo­cken bes­ser als Hafer­mehl, gan­ze Boh­nen bes­ser als pürierte.

Die Aus­sa­ge­kraft des GI ist in der All­tags­pra­xis aller­dings ein­ge­schränkt, da er sich auf ein­zel­ne Lebens­mit­tel bezieht, wäh­rend man in der Rea­li­tät ja übli­cher­wei­se Kom­bi­na­tio­nen von Lebens­mit­teln isst. Trotz­dem ist das Kon­zept hilf­reich. So sieht man in Stu­di­en, dass Ernäh­rungs­for­men mit einem nied­ri­gen GI über die Erhö­hung eines IGF-1-bin­den­den Pro­te­ins Akne ver­bes­sern kön­nen, gleich­zei­tig wei­sen Men­schen mit Akne höhe­re GI’s in ihrer Ernäh­rung auf (Bald­win & Tan, 2021).

Schokolade und Akne

Bei Per­so­nen mit Akne besteht die Mög­lich­keit der Sym­ptom­ver­schlech­te­rung beim Ver­zehr von Scho­ko­la­de, sogar 100 % dunk­ler Scho­ko­la­de (Caper­ton et al. 2014). Es ist also beim Auf­tre­ten von Akne durch­aus rat­sam, Scho­ko­la­de zumin­dest für eini­ge Wochen vom Menu zu strei­chen, um fest­zu­stel­len, ob danach Bes­se­rung eintritt.

Vitamin B12 und Akne 

Wird Vit­amin B12 in hohen Dosen ver­ab­reicht, kann es in eini­gen Fäl­len zu einer Haut­re­ak­ti­on (einer sog. Vitamin‑B12-indu­zier­ten Akne) kom­men. Der dahin­ter ste­hen­de Mecha­nis­mus hängt mit der Haut­flo­ra zusam­men: Bestimm­te Bak­te­ri­en in der Haut­flo­ra redu­zie­ren ihre eige­ne Vitamin‑B12-Pro­duk­ti­on und stel­len statt­des­sen ent­zün­dungs­för­der­li­che Por­phy­ri­ne her, die zu einer Akne bei­tra­gen kön­nen (Kang et al., 2015).

Bei Vor­lie­gen jener Sym­pto­ma­tik soll­te fach­kom­pe­tent über­prüft wer­den, ob die Dosie­rung mög­li­cher­wei­se zu hoch ist oder man die täg­li­che Gesamt­do­sis auf meh­re­re klei­ne­re Ein­zel­do­sen auf­tei­len kann. In einer 12wöchigen Unter­su­chung war es mit einer Vitamin‑B12-Dosis von 2000 µg pro Woche sowie 350 µg pro Woche mög­lich, einen leich­ten Man­gel zu besei­ti­gen (Del Bo‘ et al., 2019), was dar­auf hin­deu­tet, dass hohe Dosen nicht immer not­wen­dig sind. Eine ärzt­li­che Kon­trol­le ist grund­sätz­lich ratsam.

Ernährungsseitige Schutzfaktoren

Ome­ga-3-Fett­säu­ren wir­ken anti­ent­zünd­lich und kön­nen den IGF-1-Spie­gel redu­zie­ren (Bald­win & Tan, 2021). Ome­ga-3-Fett­säu­ren sowie ande­re Kom­po­nen­ten, wie reich­lich Obst, Gemü­se, Hül­sen­früch­te und Voll­korn­ge­trei­de sowie Nüs­se und Samen sind Bestand­tei­le einer medi­ter­ra­nen Ernäh­rung, die schüt­zend in Bezug auf Akne wir­ken kann (Skro­za et al., 2012). Dies mag mit einer güns­ti­gen Wir­kung auf die Darm­flo­ra zusam­men­hän­gen: Wird sie posi­tiv unter­stützt, kann dies bei Akne eben­falls unter­stüt­zen (Sán­chez-Pel­li­cer et al., 2022).

Unterm Strich ist die Daten­la­ge recht güns­tig, um bei Vor­lie­gen von Akne auf eine pflan­zen­be­ton­te Ernäh­rung umzu­stel­len, da die­se reich an Mikro­nähr­stof­fen ist. So kön­nen etwa die Vit­ami­ne A und E sowie Zink zur Prä­ven­ti­on von Akne sowie im Rah­men the­ra­peu­ti­scher Maß­nah­men ein­ge­setzt wer­den (Ozu­guz et al., 2014).

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